Die
verblüffende Zwirnsrolle.
Haben Sie schon einmal erlebt, dass Sie an dem
Faden einer Zwirnsrolle gezogen haben und die
Rolle schneller auf Sie zu gerollt kam als Sie
sie gezogen haben und sich dabei aufwickelte?
Wenn ja, werden Sie dem wohl kaum Beachtung
geschenkt haben. Dass dies aber kein Zufall war
und die Rolle damit nur ihren inneren Gesetzen
folgte, soll mit diesem kleinen Aufsatz gezeigt
werden.
Gegeben sei also eine Zwirnsrolle
mit zwei begrenzenden kreisrunden und
rutschfesten Holzscheiben jeweils mit dem Radius R.
Der Kern der Zwirnsrolle ist von einem langen
Faden gleichmäßig umwickelt und habe den
kleineren Radius r. Der Faden
verlässt die Rolle unterhalb
der Rolle. Die Kernrolle und die
Begrenzungsscheiben der Zwirrnsrolle haben stets
die gleiche Winkelgeschwindigkeit.
Zieht man am freien Fadenende mit der Kraft k,
so erfährt die Zwirnsrolle zwei
wirksame Kräfte: Die eine der beiden Kräfte
greift tangential an der Kernrolle mit dem Radius
r an und bewirkt unabhängig vom
Neigungswinkel Alpha der
Zugrichtung des freien Fadenendes gegenüber dem
Boden eine tangentiale Kraft am Umfang
der Begrenzungsscheiben der Größe k*r/R,
die versucht, die Zwirnsrolle vom
Fadenende weg zurollen. Die Größe
dieser Kraft ist eine Folge von dem Hebelgesetz,
nach dem ein Rad, bei dem man tangential im
Abstand r von seinem Mittelpunkt
mit der Kraft k in die Speichen
greift, am Radius R die
tangentiale Kraft k*r/R erzeugt.
Die andere Kraft greift am selben Punkt an,
versucht aber in Abhängigkeit vom
Neigungswinkel Alpha des Zugfadens
gegenüber dem Boden eine Rollbewegung der
Zwirnsrolle mit der Kraft k*cos(Alpha)
zum Fadenende hin zu veranlassen,
wobei sich der Faden auf die Kernrolle auf-
statt abwickeln würde. In dem
am Eingang dieses Aufsatzes erwähnten Fall ist
sie die überwiegende Kraft.
Je nachdem welche der beiden Kräfte in
Abhängigkeit vom Neigungswinkel Alpha überwiegt,
läuft die Zwirnsrolle vom
ziehenden Fadenende weg. oder
sie läuft auf das ziehende Fadenende zu.
Im Spezialfall r=R und Alpha
=0 überwiegt für keine Zugkraft k
eine der beiden Kräfte und die Zwirnsrolle kommt
beim Gezogenwerden nicht ins Rollen.
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